Skandinavien ruft -Woche 8-
Samstag 19.08.2023
Heute klingelt bereits um 7:00 Uhr der Wecker… Ute geht schon ins Bad, während ich mich aus dem Bett quäle. Irgendwie ist das einfach nicht mehr meine Zeit…. Ich mache noch die Betten, richte schon einiges fürs Frühstück (diesmal wieder in der Kabine, da es draußen noch recht „frisch“ ist) und folge Ute ins Bad. Nach dem Frühstück packen wir alles ein und auf geht es zur Walsafari.
Im Hafen von Stø ist es bereits schon ziemlich voll, sodass wir an der Straße parken müssen. Wir checken ein und wundern uns, wie angeblich 64 Menschen auf dieses, doch recht übersichtliche Boot passen sollen?! Es gibt tatsächlich unter Deck genug Sitzplätze und wir belegen einen der wenigen 2er Plätze. Wir vermuten, dass wir die meiste Zeit sowieso an Deck verbringen werden. Das Wetter ist uns heute wohl recht wohlgesonnen, es verwöhnt uns mit strahlendem Sonnenschein. Der Wind ist mäßig und erzeugt nur kleine Wellen. Ute hat sich trotzdem mit Ingwertabletten präpariert um evtl. aufkommender Übelkeit zuvorzukommen. Seit ihrer Antarktisreise ist sie leider empfänglich für Seekrankheit.
Die Fahrt geht zum 24 Seemeilen (44Km) entfernten Bleik Canyon, eine über 40 Kilometer lange und bis zu 3000 Meter tiefe Unterwasserschlucht, welche sich rund 15 Kilometer vor der Küste in die Tiefe senkt. Der Bleik Canyon ist das Ziel der Walsafaris aus Andenes und Stø. Es ist aufgrund der Unterwassertopographie eine der wenigen Stellen weltweit, an denen sich Pottwale in größerer Zahl relativ dicht an der Küste aufhalten. Die Wale jagen hier in der Tiefe der Schlucht nach Beute und kommen zwischendurch zum Atmen an die Oberfläche. Die größte Zahl an Pottwalen ist dabei im Sommer anzutreffen, da nur eine geringe Zahl von etwa 30 Tieren ganzjährig im Bleik Canyon lebt. Der Großteil der hier beobachteten Wale hält sich nur kurzzeitig während der Wanderung von den Nahrungsgründen im Norden zu den Paarungsgebieten weiter südlich in dieser Gegend auf.
Jetzt wissen wir auch, warum diese Walsafaris von Andenes nur 3 Stunden dauert. Die sind nämlich nur ca. 5 Seemeilen vom Bleik Canyon entfernt, wogegen wir von Stø für An- und Abfahrt schon 6 Stunden benötigen.
Dafür liegt auf unserem Weg eine Insel, auf der im Sommer Puffins (Papageientaucher) brüten. Leider ist die Brutsaison bereits beendet, sodass nur noch vereinzelte Vögel auf der Insel sind. Wo so viele Vögel brüten, da dürfen die Räuber natürlich nicht fehlen. In diesen Fall Weissschwanz-Seeadler, mit bis zu 2,5m Spannweite, die größten Raubvögel Europas. Die haben die Puffins auch zum Fressen gern… 😉.
Bereit während der Anfahrt zum Bleik Canyon begegnen wir 2 Finnwalen, nach dem Blauwal, das zweitgrößte Tier der Welt. Diese bis zu 26m langen und bis 48 Tonnen schweren Riesen sind sehr selten, und daher kann man von Glück sprechen sie hier zu sehen. Die Entfernung ist allerdings recht groß und das Tier zum überwiegenden Teil unter Wasser, sodass man schon genau hinsehen muss. Fotos zu machen ist trotz großen Teleobjektivs auf dem schwankenden Boot wirklich nicht einfach.
Am Bleik-Canyon angekommen wird der Blas eines Pottwals gesichtet. Zwischenzeitlich hat unser Boot mit 2 weiteren Wal-Watching Booten Gesellschaft bekommen. Nach einer Weile zeigt er uns seine Fluke und taucht wieder zur Jagd ab. Er wird wohl in ca. 40 Min. wieder auftauchen. Wir warten solange und tatsächlich ist er pünktlich wieder oben. Nachdem er wieder abgetaucht ist, geht es zurück nach Stø. Ute geht es leider nicht so gut, ihr ist schlecht geworden und sie hat noch zusätzlich Reisetabletten genommen. Die machen aber müde… erst auf der Rückfahrt geht es ihr wieder besser.
Auf der Rückfahrt zum Campingplatz versuchen wir noch einen Take Away oder ein Restaurant zu finden, leider Fehlanzeige. Hier geht scheinbar niemand essen…?! Wir verspeisen daher den restlichen Lachs mit Kartoffelsalat von gestern.
Am Abend diskutieren wir noch unsere Weiterreise… wir beschließen, gegen vorherige Pläne, noch weiter in den Norden nach Tromsö zu fahren. Da wir beide die Stadt noch von früher kennen (eine Kleinstadt mit 15.000 Einwohner), sind wir neugierig wie sich Tromsö heute mit fast 70.000 Einwohnern in den letzten 30 Jahren entwickelt hat.
Sonntag 20.08.2023
Da wir die gesamte Strecke nach Tromsö (ca. 450Km) nicht in einem Rutsch fahren wollen, können wir es gemütlich angehen lassen. Wir planen einfach irgendwo an der Strecke auf einen Campingplatz zu übernachten. Die Auswahl an Campingplätzen ist recht groß, da dies die Hauptroute in Norwegen in Richtung Nordkap ist.
Der vorab ausgekundschaftete Platz, die Lapphaugen Turiststation liegt direkt an der Straße und sagt uns einfach nicht zu. Da es eigentlich noch zu früh für den Zwischenstopp ist, suchen wir in der NorCamp APP nach einer alternative abseits der Hauptroute. In Sørreisa werden wir fündig. Wir haben freie Auswahl, wo wir auf der Wiese stehen wollen. Da die Sonne scheint und es recht warm ist, werden Tisch und Stühle rausgeholt. Essen findet heute wieder im Freien statt. In der kleinen Campingküche kochen wir Reis und wärmen ein indisches Fertigcurry (vegan) auf.
Nach dem Essen geht es mal wieder ans schreiben. Den Blog habe ich in den letzten Tagen etwas vernachlässigt. Es wird Zeit, dass ich wieder den Anschluss gewinne.

Hier noch einige Sonnenuntergangsimpressionen…
Montag 21.08.2023
Das mit dem Anschluss gewinnen war so eine Sache. Ich komme erst 1 Woche später wieder zum Schreiben. In Tromsö waren wir beide abends einfach nur noch kaputt, danach hatten wir mit riesigen Löchern in der Internetversorgung zu kämpfen. Aber jetzt geht es weiter, ich versuche heute am 29.08.2023 kräftig aufzuholen.
Es geht weiter nach Tromsö. Auf dem Weg, an einem Parkplatz steht ein riesiges Zelt… ein Sami Souvenir Shop. Die Neugierde lässt uns umdrehen und anhalten. Drinnen empfängt uns eine „geräucherte aber warme, behagliche Atmosphäre. Der Duft eines Rentiereintopfs lässt mir das Wasser im Mund zusammenfliesen. Ich kann mich aber gerade noch zurückhalten 😉.
Tiefer im Zelt gibt es alles zu kaufen was der Norwegenbesucher vermeintlich brauchen kann oder muss. Für Ute finden wir eine gefütterte „Norwegerjacke“. Für die richtige Größe haben wir uns durch riesige Berge mit unterschiedlichen Größen und Designs gewühlt. Mit Hilfe einer rührigen, nicht zum Aufgeben zu überredenden Sami-Frau, werden wir dann endlich fündig. Eine einfarbig, graue, gefütterte Wolljacke in der richtigen Größe. Das übliche Norwegermuster steht Ute zwar auch gut, wird sie aber zuhause bestimmt nicht tragen. Von daher ist die Uni-Variante deutlich besser.
Es gibt dort auch schöne Rentierfelle, welche uns gut gefallen. Wir nehmen aber erstmal Abstand, denn auf dem Rückweg von Tromsö gen Süden kommen wir hier automatisch wieder vorbei, sodass wir noch etwas Zeit zum Überlegen haben.
Auf dem weiteren Weg gehen wir noch einkaufen. Dort stolpert Ute zum wiederholten Mal über „Fiskebøller“, weiße Fischkugeln in einer Lake. Ute fragt kurzerhand eine andere Kundin, was man damit machen kann. Prompt wird Ihr sofort ein Rezept und die passenden Zutaten präsentiert. Alles mit der überzeugenden Aussage, das schmeckt sehr gut, sie und die Kinder lieben es. Ute ist überzeugt und nimmt alles fürs Abendessen mit (Kartoffeln, Karotten, Fiskebøller und eine weiße Sauce. Es hat übrigens gut geschmeckt und hat in Norwegen einen ähnlichen Kultstatus bei Kindern wie in Deutschland Fischstäbchen.
Da wir 4 Nächte in Tromsö bleiben wollen, setzten wir die Kabine wieder ab. So können wir das Auto für unsere Stadtbesuche nutzen statt, im immer wieder auftretenden Nieselregen, mit dem Fahrrad unterwegs zu sein.
Dienstag 22.08.2023
Heute ist Sightseeing in Tromsö angesagt… stillecht natürlich bei Regen. Wir fahren in die Stadt und wollen ins Polaria, ein erlebnisorientiertes Museum welches sich im Schwerpunkt mit der Polarforschung beschäftigt. Es ist auch ein Aquarium und ein Robbenbecken integriert. Ferner werden 3 Filme gezeigt, wobei der über das Nordlicht am eindrucksvollsten ist. Das Polaria soll im nächsten Jahr deutlich erweitert werden, sodass die Robben u.a. etwa 4x soviel Platz haben. Diese Erweiterung ist m.E. für die hier lebenden Tiere auch zwingend notwendig, da das jetzige Robbenbecken doch sehr klein ist.
Eine Anmerkung zum Parken in Norwegen… z.B. alle Parkplätze im Zentrum von Tromsö, wie auch in den meisten anderen, größeren Städten sind kostenpflichtig. Die Bezahlung erfolgt entweder am Automaten (auch mit Kreditkarte) oder per EasyParking APP. Letzteres ist in ganz Skandinavien fast überall vertreten.
Aber schon auf der Fahrt ins Polaria sind wir plötzlich verunsichert. Das Navi führt uns direkt auf ein Haus zu… als wollen wir dort in die Tiefgarage. Ich fahre in eine Nebenstraße und kontrolliere nochmal die Route. Nach einer Runde um den Block erweist sich die vermeintliche Tiefgarageneinfahrt als Tunneleinfahrt in ein umfangreiches Tunnelnetz unter Tromsö und den angrenzenden Bergen. Dort gibt es im Untergrund Ampeln, Abzweigungen, mehrspurige Kreisverkehre und viele Wegweiser. Aud diese Weise hat sich Tromsö (an einem Berg gebaut) viele aufwendigen Straßen am Berg und viel Verkehr im Zentrum erspart. Logistisch ergänzt wird das Verkehrssystem durch ein riesiges unterirdisches Parkhaus. In den verschiedenen „Parkkammern“ haben insgesamt 900 PKW#s Platz. Die Ausgänge führen direkt in die Straßen der Innenstadt.
Finanziert wird das zwischen 1988 und 1999 erbaute Tunnelgeflecht durch eine Benzinabgabe, die in Tromsø und Umgebung heute noch immer zu zahlen ist und die Benzin- und Dieselpreise gegenüber z.B. Narvik um etwa 1,5 – 3 NOK/Liter teurer.
Im Anschluss an das Polaria gehen wir noch ins Zentrum. Hier finden wir 2 helle, fast weiße Rentierfelle. Da solche Felle meist min. doppelt so teuer sind wie die braunen, frage ich sicherheitshalber nach… ich bekomme die Auskunft, das für diese auch das Sonderangebot für 2 Felle/1990 NOK gilt. Der Preis ist schon für die braunen Felle sehr günstig, für diese Felle einfach sensationell. Damit war unser bisheriger widerstand schlagartig gebrochen. Ich gehe davon aus, dass dieser Preis auf ein Missverständnis unter den Verkäufern beruht, weil diese Felle auch getrennt an einer anderen Stelle im Geschäft lagen. Uns kann es jetzt egal sein… wir haben sie jetzt 😊.
An der kleinsten Bar des Universums, haben wir noch die angeblich besten Hot Dogs der Welt probiert. Dies zu beurteilen ist aber durchaus Geschmackssache…
Während ich unsere Rentierbeute zum Auto bringe, findet Ute im letzten Winkel eines kleinen Einkaufzentrums bei einem Verkäufer aus Ghana einen weiteren Norwegertroyer für mich. Gleicher Hersteller, gleiche Größe, andere Farbe aber „halber“ Preis. Auch hier schlagen wir sofort zu…
Mit platten Füßen kehren wir zum Campingplatz zurück.
Mittwoch 23.08.2023
Heute ist Museumstag… wir wollen in die 3 zusammengehörigen Museen, das „Norges Arktiske Universitetsmuseum“ oder kurz „Tromsö Museum“, das Polarmuseum und zur MS Polstjerna. Alle 3 Stationen liegen in unterschiedlichen Stadtteilen. Auch der Botanische Garten gehört mit dazu, doch den haben wir uns wetterbedingt gespart. Das Tromsö Museum beherbergt Ausstellungen zu den Themen, Biodiversität, Geologie, Sami gestern und heute (2 getrennte Ausstellungen), Politische Entwicklung Norwegens, Wikinger und dem 2ten Weltkrieg.
Bei der MS Polstjerna handelt es sich um ein ehemaliges Robbenfängerschiff begleitet durch eine Ausstellung über die Heroen der Arktis und die Eroberung des Nordpols.
Das Polarmuseum behandelt die Jagd und die Ausbeutung der Arktis. Des Weiteren gibt es hier 2 weitere Ausstellungen die zum einen Roald Amundsen, dem ersten Mann am Südpol und vermutlich auch dem ersten Mann am geographischen Nordpol sowie gleichzeitig ein Nationalheld Norwegens und zum anderen Fridtjof Nansen, einen norwegischen Zoologen, Neurohistologen, Polarforscher, Ozeanograph, Diplomaten und Friedensnobelpreisträger.
Alle 3 Museen sind wirklich sehenswert und gut an einem Tag, ohne Eile zu besichtigen.
Bevor wir zum Campingplatz zurückkehren, besichtigen wir noch die „Eismeerkathedrale“… obwohl sie eigentlich keine Kathedrale (mit einen Bischofsitz) ist. Diese Kirche ist durch ihr außergewöhnliches Design weltweit bekannt. Wir werden zusammen mit einer Hurtigruten Reisegruppe kostenlos mit hineingewinkt und sparen daher 70 NOK pro Person. Ich muss allerdings sagen, dass ich mich über dieses Eintrittsgeld auch geärgert hätte. Es handelt sich um die schlichteste, unspektakulärste Inneneinrichtung einer Kirche die ich je gesehen habe. Dafür 70 NOK zu verlangen halte ich für eine Frechheit. Von außen wirklich spektakulär, von innen „kannst vergessen“…
Am Abend gönnen wir uns noch etwas Besonderes… wir gehen heute gepflegt in einem bei „Emmas Drømmekjøkken og Bar“ (Emmas Dream Kitchen & Bar) essen. Hier genießen wir ein 12gängiges Überraschungs-Menü der Extraklasse. Wir sind wirklich begeistert und können dieses Restaurant mit seiner exzellenten Küche und dem hervorragenden Service guten Gewissens weiterempfehlen!
Donnerstag 24.08.2023
An unserem letzten Tag in Tromsö fahren wir in ein riesiges Einkaufszentrum am Flughafen. Da es wieder einmal regnet, wollen wir die Zeit nutzen und unter einem Dach, im trockenen bummeln zu gehen. Durch Zufall finden wir geniale Kochtöpfe und Pfannen für unser TokTokkie. Relativ leicht, ineinander stapelbar, abnehmbarer Griff und Deckel mit wegklappbaren Griffen. Auch die Größen mit 16-20cm ist ideal für unser kleines Kochfeld. Ute kauft nochmal Nachschub an Baumwollgarn zum Häkeln.
Am Nachmittag essen wir in einem Thai-Restaurant. Hier wird das Essen vom Buffet nach Gewicht abgerechnet, das ist auch mal eine neue Erfahrung…
Am Abend setzen wir die Kabine wieder auf, damit wir morgen pünktlich wegkommen. Heute klappt es nicht so gut, da ich nicht optimal unter die Kabine gefahren bin. Also nochmal alles hochfahren und ein 2ter Versuch. Hier klappt es dann mit etwas schieben und drücken… das können wir Beide zwischenzeitlich besser…
Freitag 25.08.2023
Da wir nicht weiter nach Norden wollen, geht es wieder zurück in Richtung Narvik. Dort wollen wir wieder auf dem Ballwangen Campingplatz wie auf der Hinfahrt übernachten. Das Wetter ist erstmal sehr wechselhaft, wird aber gegen Nachmittag in Narvik deutlich besser. Unterwegs halten wir an einer LPG-Tankstelle um eine unserer Gasflaschen füllen zu lassen. Dieses hatten wir bereits in Tromsö versucht, hatten dort aber niemanden angetroffen. Auf die Idee anzurufen sind wir nicht gekommen. Andere Camper erzählten uns danach, dass wäre kein Problem gewesen, der „Gasmann“ wäre 10Min nach dem Anruf gekommen und hätte die Gasflaschen gefüllt.
Hier an dieser Tankstelle müssen wir auf den „Gasmann“ ca. 45 Minuten warten (Auskunft der Tankstellenverkäuferin). Wir haben in der Zwischenzeit eine Pizza bestellt und Mittagspause gemacht. Kaum war der Gasmann da, ging alles ruckzuck… Adapter sind keine notwendig, die haben alles parat. Gefüllt wird mit Propan (wie bei uns) und nicht mit LPG (LPG hat durch den hohen Butananteil einen deutlich schlechteren Brennwert). Wir haben für die Füllung einer 5Kg Flasche etwa 20€ bezahlt. Ein Verzeichnis der LPG-Tankstellen in Norwegen findet man im Internet (https://www.lpggruppen.no/privat/vare-fyllestasjoner/), wobei diese hoch im Norden nur sehr dünn verteilt sind.
Am späten Nachmittag erreichen wir dann unser Ziel. Wir stehen wieder an der gleichen einsamen Stelle (Platz 76) direkt am Pier. Zum Abendessen nehmen wir nochmal die Dienste des ThaiTakeAway in Ballwangen in Anspruch.