Skandinavien ruft -Woche 6-
Skandinavien ruft -Woche 6-
Samstag 05.08.2023
Hurra, es ist Ute’s Geburtstag…
Wir haben wunderbar geschlafen. Es ist mal wieder schön ein „privates“ Bad zu haben, Platz gefühlt ohne Ende und ein Traum von einem Bett. Selbst Ute braucht keine Tempurauflage, es ist wie in einer Wolke liegen. Es wird ausgiebig geduscht, danach geht es zu Frühstück. Es ist schon fast ungewohnt, sich mal wieder bedienen zu lassen. Das Frühstücksbuffet ist reichhaltig und lecker.
Ute entwickelt nebenbei einen Pilzwahn… hier stehen die Maronen und Steinpilze in ungeahnten Größen einfach so rum… die Schweden sammeln diese Sorten scheinbar nicht, sie bevorzugen Pfifferlinge. Pilzhüte mit 15-20cm Durchmesser sind hier keine Seltenheit. Leider sind Pilze dieser Größe leider entweder gummiartig oder innen zerfressen… Schade… Ute schafft es trotzdem, einige für den späteren Verzehr in unserem TokTokkie einzufrieren (dem Kompressor Kühlschrank sei Dank).
Wir gehen etwas Wandern und erkunden die nähere Umgebung. Ich versuche immer wieder Ute davon abzuhalten, zentnerweise Pilze zu sammeln.
Um 16:30 sind wir bereits beim Abendessen. So früh?… ja, denn es geht im Anschluss auf Elchsafari.
Mit einem anderen jungen deutschen Pärchen werden wir von Anna (einer deutschen Waldökologin) abgeholt. Mit einem Minibus geht es Kreuz und Quer, auf der Suche nach Elchen, durch den Nationalpark. Zwischendurch halten wir an und lernen interessantes über das Leben der Elche. An einem See machen wir eine „Fika“ mit Lagerfeuer. „Fika“ ist eine schwedische Tradition, bei der man sich Zeit für einen Kaffee nimmt, oft mit einer Zimtschnecke oder einem anderen Gebäckstück und in guter Gesellschaft. Fika ist wie ein Pausenknopf im Leben und das Genießen des Augenblicks.
Wir lernen wie man mit einem Feuerstahl die richtigen Funken schlägt, um erst Birkenzunder und danach ein Lagerfeuer zu entzünden. Ich bin stolz, es als einziger sofort geschafft zu haben 😊.
Nur mit den Elchen hat es bisher noch nicht geklappt. Wir fahren weiter bis spät in die Dämmerung hinein. Ich sehe einen Elch auf einer Lichtung… Anna fährt recht flott und steigt natürlich nicht voll in die Bremsen. Beim zurück fahren sehen ich und Alex (der andere Gast) ihn nur noch kurz von hinten im Dickicht verschwinden. Die Frauen bekommen ihn gar nicht zu Gesicht… Schade. Zwischenzeitlich ist es nach 23:00 und recht dunkel. Wir geben leicht frustriert auf… aber es kann eben auch keine Garantie für Elchsichtungen geben. Dazu sind die Tiere einfach zu scheu. Ab nächste Woche beginnt dann auch noch die Jagdsaison auf Elche… ich als Elch würde mich dann auch lieber verstecken.
Im Scheinwerferlicht sehen wir dann doch noch 2 Elche auf der Straße ca. 70-100m entfernt. Gestört durch das Scheinwerferlicht verschwinden die Beiden sehr schnell im Wald. Das Fotografieren ist aufgrund der schlechten Lichtverhältnisse zwecklos.
Wir hatten eigentlich naiv gehofft den König der Wälder, deutlich sichtbar, fotogen aufgestellt, im besten Licht zu sehen und zu fotografieren… das hatten wir uns wirklich einfacher vorgestellt, wo doch überall vor den vielen Elchen gewarnt wird und Magnus von Elchen in seinem Garten spricht. Wir sollten es eigentlich aus unseren Gamedrives in Afrika besser wissen. Es gehört immer eine gehörige Portion Glück dazu. Wenn nicht heute, dann sehen wir einen Elch halt an einem anderen Tag… wir haben ja noch einige Wochen Zeit.
Wir hatten trotzdem einen wunderschönen Tag mit viel Sonnenschein und schönen Erlebnissen und es gibt Fotos von diesem Ausflug die einfach zum niederknien sind. Das Geburtstagskind macht einen zufriedenen, entspannten, glücklichen Eindruck… so soll es sein.


Sonntag 06.08.2023
Heute müssen wir uns aus unserem „Birdnest“ leider verabschieden. Es hat uns hier wirklich gut gefallen. Nur selten haben wir in einem Hotelzimmer so gut geschlafen. Ute brauchte nicht einmal ihre Tempurmatte, ohne die sie sonst nicht liegen kann.
Es geht weiter Richtung Norden… nächster Stop ist Storuman, eine kleine Stadt am Ausgang des gleichnamigen Sees. Wir haben uns dort 2 Tage eingebucht.
Die Fahrt führt bei Sonnenschein durch eine wundervolle Gegend, meist an einem Fluss entlang. Dieser Fluss führt von Storuman in Richtung Ostsee. An einem malerischen Parkplatz machen wir Rast, holen unsere Liegestühle heraus und genießen eine kleine Pause. Wir dösen etwas vor uns hin und schlafen beide auch kurz ein. Nach 1,5 Stunden machen wir uns wieder auf den Weg.
Am frühen Nachmittag erreichen wir Storumans Camping. Der Ort gibt nicht viel her und der Campingplatz eigentlich auch nicht, obwohl er eigentlich gut ausgestattet ist… keine Ahnung warum ich hier 2 Nächte gebucht habe. Aber was solls, wir machen einfach das Beste daraus und Ute geht noch in die Sauna. Auf dem Weg zum Servicegebäude stolpere ich natürlich sofort über 3 riesige Maronen… leider zu alt, gummiartig und ziemlich zerfressen. Wir lassen sie stehen, wir müssen erstmal die anderen Pilze aus dem Gefrierfach essen bevor wir weitersammeln. Heute gibt es erstmal Bratwürstchen mit Kartoffelsalat, die Pilze sind morgen dran.
Gegen Abend fängt es an zu regnen…
Montag 07.08.2023
Die Nacht war regenreich. Es hat gefühlt ununterbrochen geschüttet. Der Blick nach draußen verspricht nichts Gutes… viele große Pfützen, überall steht Wasser. Wir schlafen in aller Ruhe aus und stehen erst nach 10:00 auf. Ute nutzt eine Regenpause und fährt mit dem Fahrrad Brötchen holen. Dank unserer Markise können wir draußen Frühstücken… wobei es schon fast Mittag ist.
Wir nutzen den Tag um uns über unsere weitere Reiseroute Gedanken zu machen. Die Wettervorhersage für Schweden ist ziemlich bescheiden. In Norwegen dagegen scheint seit 4 Wochen die Sonne und ein Ende ist nicht abzusehen. In Tromsö und Umgebung ist sogar die höchste Waldbrand Gefahrenstufe ausgerufen, weil es wochenlang keine Niederschläge gab. Auch stellt sich die Frage, wie weit wir noch weiter in den Norden wollen. Das Nordkap war bisher sowieso nicht im Gespräch, da wir beide dort schon waren. Tromsö wäre „nice to have“, wäre aber in unser vermutlichen Ankunftswoche durch ein Musikfestival mit 40.000 Besuchern wahrscheinlich total überfüllt.
Wir beschließen, noch ein Stück weiter in Schweden nach Norden zu fahren. Wir wollen 2 Nächte an den Storforsen Wasserfall. Weiter überqueren wir dann den nördlichen Polarkreis und fahren nach Jokkmokk (2 Nächte) , dem Zentrum der Samikultur in Schweden. Danach soll es dann gegen Westen über Kiruna (die Eisenerzstadt, 1Nacht), den Abisko Nationalpark weiter nach Norwegen nach Narwik gehen.
Damit wären wir schon fast am Eingang der Lofoten, ein heimliches Sehnsuchtsziel, auf das wir uns schon lange freuen.
Den restlichen Nachmittag verbringen wir lesend und schlafend. Am Abend lassen wir uns unsere Pilze mit Kartoffeln und Köttbullar schmecken. Wir gehen noch in die Sauna und dann ins Bett. Morgen sind ca. 300Km zu fahren, da sollte man ausgeschlafen sein…
Dienstag 08.08.2023
Ich habe sehr schlecht geschlafen… um 3:00 war ich immer noch wach… keine Ahnung was los war. (Ute: Hahaha, wer den ganzen Tag schläft kann nicht auch noch die ganze Nacht durchschlafen …)
Ute holt wieder Brötchen, ich bereite das Frühstück vor und fange an unsere Sachen zusammenzupacken. Nach dem Frühstück geht es wieder los. Noch ein kurzer Halt beim Coop um Mineralwasser zu kaufen, unsere Vorräte gehen langsam zur Neige.
Die Fahrt hat es heute in sich… heftige Böen bis 55km/h rütteln am TokTokkie. Der Himmel ist trüb aber es bleibt glücklicherweise trocken. Der Wind fordert die Konzentration und die Reaktionsgeschwindigkeit. Zwischendurch tauchen immer wieder Rentiere auf der Straße auf. Einige sind aufgrund ihrer grau-schwarzen Färbung manchmal erst sehr spät zu erkennen. Die Weißen sieht man dagegen früher.
Ich merke nach etwa 150km, dass ich dringend eine Pause brauche. Ute möchte bei diesen Bedingungen nur ungern fahren… also 30Min. Powernapping auf dem Fahrersitz. Deutlich Erholt geht es weiter. Gegen 16:00 erreichen wir Storforsens Camping. Der Campingplatz gehört zu einem Hotelkomplex und hat ausgesprochen gute Sanitärräume, auch wieder mit Sauna. In der Küche sind auch 2 professionelle Geschirrspülmaschinen vorhanden… Von unserem Platz aus kann man den sogar den Wasserfall sehen.
Kaum angekommen fängt es natürlich an zu regnen… glücklicherweise ist dies nur ein kurzes Intermezzo. Die Markise klappen wir wegen der Böen nicht aus… das ist uns zu gefährlich. Morgen ist glücklicherweise für den ganzen Tag Sonnenschein angekündigt.
Wir genießen unsere letzte Portion selbst gefundene Pilze. Als Dessert serviert Ute Creme Brulett.
Ich nutze den Abend noch zum Schreiben und Ute sitzt in der Sauna. Sie setzt sogar noch eine Waschmaschine in Gang, heute gibt es irgendwelche Probleme mit den Kontokarten deshalb läuft alles ohne, das heißt es kostet nichts – auch das warme Wasser der Dusche ist freigeschaltet. 😊
Mittwoch 09.08.2023
Ute ist wieder früh auf und nach dem Duschen gleich mal losgezogen, um den Wasserfall zu begutachten.
Ute: Es ist 7:30h und noch ist kein Mensch unterwegs, alles scheint noch zu schlafen. Es zieht mich förmlich über die Brücke obwohl es sich irgendwie nicht richtig anfühlt. Der Wasserfall tost mächtig und laut, gewaltig aber abweisend und unfreundlich …. Bleib weg du Mensch du, das hier ist mein Reich … der Weg bewegt sich erst einmal unterhalb des Wasserniveau des Flussbettes. Das Wasser wehrt sich sehr gegen diese Einschränkung und donnert mit Macht gegen die aufgestapelte Barriere aus Felsblöcken, irgendwann wird der Wasserfall gewinnen und die Felsblöcke wieder wegdrücken, dann ist er wieder frei. Schon jetzt rinnen überall kleine Bäche durch die Steinbarriere. Er soll bitte warten bis ich wieder weg bin … Die Luft ist voller Gicht und der Lärm, dröhnt im ganzen Körper. Selbst der Weg vibriert und gibt das dumpfe Grollen weiter. Ich steige immer weiter hinauf, kann nicht aufhören bis ich den Wasserfall überblicken kann. So viel mächtige Naturgewalt geballt in diesem Stück Erde. Riesige Wassermassen stürzen wütend, brüllend und gurgelnd durch und über aufheulendes Gebirgsgestein. Es beeindruckt, macht klein aber es ist auch kraftvoll und vermittelt diese Kraft weiter. Ich werde ganz still und genieße die Zeit nur mit mir und dem gewaltigen Strom von Wassermassen, die ein Gefühl von Ewigkeit vermitteln. Langsam kehre ich zurück und ich weiß genau, wenn wir später hier entlangwandern, wenn ich nicht mehr alleine hier bin wird es nicht mehr so sein wie jetzt.
Nach dem ich geduscht bin, bereite ich Frühstück vor. Das Wetter ist wunderbar, es scheint die Sonne und wir können wieder draußen frühstücken. Da das Waschen scheinbar immer noch kostenlos ist, werfen wir vorher unsere Bettwäsche auch noch in die Waschmaschine.
Kurz nach 12:00 war die Wäsche trocken und wir sind zum Wandern zum Wasserfall aufgebrochen. Von unserer Fluss Seite gibt es eine Brücke zum Wasserfall. Ohne diese müssten wir außen herumfahren (30Km). Der Wasserfall ist wirklich eindrucksvoll. Es ist kein frei fallender Wasserfall, sondern eher sehr sehr steile Stromschnellen. Der Höhenunterschied sind etwa 82m. Dieser Höhenunterschied geht über 5Km, wobei in ca. 1km der primäre Höhenunterschied überwunden wird. Der Wasserfall wurde künstlich in ein begrenztes Bett gezwungen, wobei die Konstruktion mit hölzernen, mit Felsen gefüllten „Trögen“ schon sehr interessant ist. Es wurde kein Beton verbaut, sondern diese „Tröge“ aus Holzstämmen sind auf dem umgebenen Felsen gesetzt und mit Felsgestein gefüllt. Diese scheint auszureichend stabil zu sein. Da diese Konstruktion nicht völlig dicht ist, und auch im Oberlauf noch einige Abzweigungen offengeblieben sind, existieren im ursprünglichen Falldelta noch weitere kleine Wasserfälle und Stromschnellen. An diesem tummeln sich sehr viele Badegäste, welche die natürlichen Becken zur Erfrischung nutzen. An vielen Stellen sind Grillplätze mit Feuerstelle, Rost und Bänken angelegt. Das Feuerholz kann in einem Schuppen kostenlos mitgenommen werden. Damit vermeidet man dort ungewollten Kahlschlag an der vorhandenen Vegetation. Ute fotografiert wie der Teufel, es ist einfach wunderschön hier. Nach einigen Stunden, kehren wir zum Campingplatz zurück.
Am Abend gibt es Mirácoli aus unseren Vorräten… darauf haben wir heute richtig Lust…
Donnerstag 10.08.2023
Heute geht es weiter und natürlich regnet es wieder. Unser Ziel ist Jokkmokk, Zentrum der Samikultur in Schweden. Hier konnten wir keinen Stellplatz vorreservieren, da der Campingplatz für weniger als 3 Übernachtungen keine Reservierungen annimmt. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst…
Wir geben etwas Gas und sind kurz nach 12:00 schon in Jokkmokk. Die Rezeption ist bis 14:00 geschlossen. Aus dem Privathaus heraus wird uns gesagt, wir sollen uns einfach einen freien Platz suchen und den Papierkram später erledigen. Ab 14:00 wäre wieder jemand da…
Wir besetzten einen Platz und richten uns mit unseren Stühlen, Tischen und unserem Moskitozelt (Naturcampingplatz!!) häuslich ein. Da wir noch einkaufen wollen, fahren wir die 3Km mit dem TokTokkie in die Stadt. Die Stadt ist sehr „übersichtlich“. Wir füllen bei ICA und Coop unsere Vorräte auf. Dort finden wir auch gefrorenes Ren- und Elchfleisch (die Jagdsaison für Elche fängt erst am 15.08. an, sodass es noch kein frisches Elchfleisch gibt). Wir nehmen neben Steaks auch Elchhackfleisch mit. Ute will unbedingt Elchfrikadellen machen 😉.
Da wir so früh dran sind, besuchen wir das Àjtte Museum (Samigeschichte, Traditionen, Bräuche, Lebensraum und politische Problematik). Dies hatten wir eigentlich erst morgen geplant. Die Ausstellung ist sehr schön präsentiert. Leider ist in einigen Bereichen keine englische Beschriftung. Man kann ein Heft mit deutschen Erklärungen bekommen, aber das Handling stellt sich als schwieriges Unterfangen heraus. Trotzdem sind wir beeindruckt, obwohl wir eigentlich zu müde sind, um dem Museum wirklich vollständig gerecht zu werden. Das Gebäude ist wie das Gehege angeordnet indem die Rentiere zusammengetrieben werden. Es gibt als ein rundes Zentrum von dem die einzelnen Abtleilungen ausgehen. Auf den Fotos ist ein Modell als Überblick dabei. Es ist sehr liebevoll und mit viel Fantasie gestaltet. Es ist das größte Samimuseum in Skandinavien und versucht alle Aspekte des Lebens- Vergangenheit und Zukunft- der Sami abzubilden.
Ein Kritikpunkt haben wir jedoch… von außen ist das Gebäude völlig unscheinbar… man sucht sogar den Eingang. Hier könnte mehr draus gemacht werden, um deutlich mehr Besucher anzulocken…
Danach stellen wir fest, Jokkmokk gibt eigentlich nicht mehr her um einen 2ten Tag zu rechtfertigen. Gut, dass wir noch nicht „richtig“ eingecheckt haben… wir kürzen daher unseren Aufenthalt in Jokkmokk auf nur eine Nacht.
Auf dem Campingplatz sind wir glücklich über unser Moskitozelt. Neben dem Schutz vor den Quälgeistern, schützt es uns auch vor den Regenschauern.
Apropos Quälgeister… es fühlt sich so an, als würden die Biester bereits mit Schlabberlätzchen darauf warten, dass Ihre Opfer aus Ihrem Sicherheitsverschlage herauskommen. Sobald der Reißverschluss geöffnet wird, wird zum gemeinschaftlichen Angriff geblasen. Man wird auch den Eindruck nicht los, dass die Viecher auf den „Naturcampingplatzen“ bereits gegen „Mygga“, „Nordic Summer“ und ähnlichen Mittelchen bereits ausreichen immunisiert sind und daher ungestört saugen können…
Freitag 11.08.2023
Glücklicherweise ist es heute Morgen trocken. Ich begnüge mich mit einen Katzenwäsche und fange an unser Moskitozelt einzupacken. Wer glaubt Moskitos sind nur am Abend aktiv, der irrt gewaltig.
Nur der massive Einsatz von „Mygga“ ermöglicht mir das Zusammenpacken ohne an Blutarmut jämmerlich zu verenden …
Frühstück gibt es heute in der Kabine. So werden wir sehr schnell fertig und machen uns früh in Richtung Kiruna auf. Unterwegs halten wir in Potjus beim „Alten Kraftwerk“ von Vattenfall. Dort ist eine interessante Ausstellung und wir können gleich zu einer englischsprachigen Führung dazustossen.
Das erste Wasserkraftwerk an diesem Fluss einstand 1904 um die Eisenbahn Kiruna Narvik zu elektrifizieren. Wegen der stark unterschiedlichen Wassermengen über das Jahr wurde bis 1910 der erste Staudamm errichtet. Zwischenzeitlich sind es 12 Staustufen mit Kraftwerken nur an diesem Fluss, welche alleine 10% des Strombedarfs Schwedens decken. Wasserkraftwerke decken heute 60% der Stromversorgung in Schweden. Auch die Problematik die das mit sich bringt wird nicht verschwiegen. Zahllose Bewohner wurden enteignet, der Wasserfall, der wohl ähnlich gewaltig was wie Storforsen (es ist unter den Fotos ein Bild wie es früher mal war) existiert nicht mehr. Die Wasserstandsveränderungen, die auch ständig wechseln, beeinflussen die Menschen unterhalb der Stauungen. Die Leidtragenden waren überwiegend Sami, denen man ihr Land einfach weggenommen hat und die schauen mussten wie sie damit klarkommen. Das ganze Desaster mit den Sami erinnert doch sehr an das Gebaren des weißen Mannes in den USA mit den dortigen Ureinwohnern (Indianer) oder den Katastrophen für die Aborigines in Australien und in vielen andern Ländern mehr.
In Kiruna angekommen versuchen wir in der Tourist Information Tickets für eine Bergwerksbesichtigungsfahrt zu bekommen. Leider ist erst am Sonntag wieder etwas frei. Wir beschließen darauf zu verzichten, da wir sonst 3 Nächte in Kiruna festsitzen.
Soviel gibt Kiruna nun doch nicht her. Einzig die Tatsache, dass große Teile der Stadt „umziehen“ ist beeindruckend. Die Schäden durch den Eisenerzbergbau sind so gravierend, dass man sich entschlossen hat, die Stadt komplett umzuziehen. Einige Kilometer östlich der „alten“ Stadt entsteht ein komplett neues Stadtzentrum. Auch Wohnhäuser und Siedlungen werden nach und nach neu errichtet. Die Gebäude in der „alten“ Stadt werden, nachdem alles umgezogen ist, abgerissen. Bezahlt wird das alles durch die Bergwerksgesellschaft. Wir reden hier immerhin von ca. 25.000 Einwohnern, die nach und nach umgesiedelt werden… ein weltweit einzigartiges Projekt. Ich will lieber nicht versuchen mir vorzustellen, ob dies in Deutschland funktionieren würde…